Nachberichterstattung TSI Congress 2023
Verbriefungen und Asset Based Finance – Beitrag zur Finanzmarktstabilität und Wachstum der Realwirtschaft
Finanzmarktstabilität in Europa und die Rolle des Bankensektors bei der Finanzierung der Transformation
Verbriefungen für mehr Effizienz und Kapitalmarktintegration für mehr Volumen in der Langfristfinanzierung – Europa braucht beides aus Sicht von Fabrizio Campelli, Mitglied des Vorstands sowie Leiter der Unternehmensbank und der Investmentbank der Deutschen Bank beim Opening Forum. Zwar unterstreichen die Finanzkrisen im vergangenen Jahr im Vereinigten Königreich und den USA die Bedeutung von Zinsänderungsrisiken im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabilität. Aber an sich, so Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW Bankengruppe, haben sich die Finanzmärkte in Kontinentaleuropa als sehr stabil erwiesen. Deren Fragmentierung stellt allerdings ein Hemmnis für das Wachstum der Realwirtschaft dar, weil sie einer Skalierung bei der Finanzierung zuwiderläuft, betont Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. Angesichts der fundamentalen Bedeutung der bankbasierten Unternehmensfinanzierung in Europa komme zudem Verbriefungen bei der Finanzierung der Transformation eine Schlüsselrolle zu. Damit, so Fabrizio Campelli, lassen sich die Skills im Banking für Underwriting, Origination und Servicing um ein Vielfaches nutzbar machen. Wenn das, was zu tun ist, so offensichtlich ist, so der Tenor der Diskussionsfragen des Publikums, warum kommt Politik dann nicht ins Handeln. Katharina Beck, Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende des Bundestagsausschusses Finanzen, betont die Bedeutung weiterer Aufklärungsarbeit im politischen Berlin und Brüssel und, dass das Momentum mit Blick auf die EU-Parlamentswahlen im Juni 2024 dafür genau jetzt ist.
Die Auswirkungen der Finanzmarktstabilität auf Anlagestrategien und Vermögensallokation
Der Investor Kick-off schlägt in die gleiche Kerbe. Alle Reformvorschläge insbesondere mit Blick auf die Beseitigung von Hemmnissen für Investoren im Verbriefungsmarkt beziehungsweise der Kapitalmarktunion lägen vor. Mit Blick auf die Finanzmarktstabilität stelle der Abbau der EZB-Bilanz im kommenden Jahr eine Herausforderung dar. Alexander Batchvarov, Leiter International Structured Finance bei Bank of America, sieht hier weniger finanzielle Verflechtungen, sondern eher Marktstimmungen als Risiko.
Deutsche Verbriefungsplattform: Chancen für synthetische Bilanzverbriefungen bei mittelgroßen Banken
Konkrete Vorschläge für die Aktivierung von mittelgroßen Banken bei der Finanzierung des Wachstums der Realwirtschaft in der Transformation diskutiert das Panel zur Deutschen Verbriefungsplattform. Hier hat der am 20. September veröffentlichte Abschlussbericht einen wichtigen Impuls dazu geliefert, wie über eine höhere Standardisierung auch kleine und mittelgroße Institute das Instrument sinnvoll zur Kapitalsteuerung nutzen können. Nils Bösel von der Deutschen Bundesbank konstatiert, dass auch der aufsichtsrechtliche Genehmigungsprozess zum SRT (signifikanter Risikotransfer) verbessert werden kann. Ergänzend hat das Panel zu SRT die hohe Relevanz des Produkts betont. In 2022 wurde in Europa ein Volumen von EUR 145 Mrd. synthetisch verbrieft, ein Wachstum von 100 % gegenüber dem Vorjahr. Neben den verbesserten Rahmenbedingungen durch die Einführung von STS für synthetischen Bilanzverbriefungen spielt der steigende Kapitalbedarf der Institute eine wesentliche Rolle, getriggert auch durch die Finalisierung von Basel III. Gute Nachrichten gibt es von der europäischen Bankaufsichtsbehörde EBA: Roberta de Filippis führt aus, dass der Regulierungszyklus sich dem Ende neigt und nur noch wenige Durchführungsbestimmungen finalisiert werden müssen. Marktteilnehmer begrüßen die regulatorische Stabilität.
Roadmap für die Kapitalmarktunion – Zeit zum Durchstarten?
Den Blick voraus nimmt das Panel Roadmap for CMU – Zeit zum Durchstarten?. Stefan Müller, parlamentarischer Geschäftsführer der CSU im Deutschen Bundestag, hebt die Bedeutung der Kapitalmarktunion und die Errungenschaften rund um die Themen Verbraucherschutz und Transparenz hervor. Gleichzeitig betont Herr Müller, dass es an der neuen EU-Kommission liegen wird, die Vollendung der CMU zu forcieren und erkennt die Komplexität des Vorhabens an. Tobias Berg, Professor für Finanzen an der Goethe-Universität Frankfurt, ergänzt, dass auch das Enforcement, also die einheitliche Umsetzung der Regeln in den verschiedenen EU-Staaten, entscheidend für den Erfolg ist. Gleichzeitig seien die Kosten einer sehr umfangreichen und komplexen Regulierung bedenklich und würden die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft beeinträchtigen, das gelte auch für die Finanzbranche.
Zentralbankpolitik im Spannungsfeld zwischen Inflationsbekämpfung und Finanzmarktstabilität
Dass die Sicherung der Finanzmarktstabilität im Zuge der geldpolitischen Wende kein Selbstläufer ist, zeigt eine Umfrage im Publikum beim Panel zur Notenbankpolitik: Eine hauchdünne Mehrheit verspricht sich positive Effekte der Zentralbankpolitiken auf Asset Based Finance Märkte und Finanzmarktstabilität; niemand meint, dass die geldpolitische Wende spurlos an Asset Based Finance vorbeigeht. Mit Blick auf die Inflation macht Björn van Roye, Head of Global Economic Modeling bei Bloomberg Economics, klar, dass wir uns auf ein „Higher for Longer“ einstellen sollten.
Herausforderungen der Mittelstandsfinanzierung in Deutschland
Das Wachstum der Realwirtschaft steht im Fokus der Diskussion über Herausforderungen der Mittelstandsfinanzierung in Deutschland. Andreas Sowa, Mitglied des Präsidiums des Verband Deutscher Treasurer, und Michael Munsch, Vorstand der Creditreform Rating AG, drängen darauf, dass die Nachhaltigkeitsregulierung für den Mittelstand vereinfacht und besser kommuniziert wird. Die Diskussion mit dem Publikum zeigt auf, dass der kapitalmarktferne Mittelstand vor besonderen Herausforderungen stehe. Der Grund sei, dass die zusätzlichen administrativen Kosten zuerst einmal einen negativen Einfluss auf die Produktion in Wertschöpfungsketten und insbesondere auf die Bonität mittelständischer Unternehmen haben und deren Finanzierungswürdigkeit in der Transformation unterminieren. Bei dieser Herausforderung bestand auch weitestgehend Einvernehmen auf dem Panel zur Optimalen Finanzmarktarchitektur angesichts globaler Megatrends für Deutschland und Europa.
Folgen der Zeitenwende für den Standort Deutschland
Ähnlich äußert sich Klaus Wiener, Bundestagsabgeordneter, beim WirtschaftsFrühstück der die internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht nur durch Bürokratie-, sondern auch durch Energiekosten gefährdet sieht.
Infrastruktur- und Projektfinanzierung für Mobilität und Energiewende - der größte Teil der Finanzierung der nachhaltigen Transformation
Dass erneuerbare Energien durchaus nicht im Widerspruch zur Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stehen müssen, sondern eine angemessene Infrastruktur erfordern, war auch Gegenstand der Diskussion beim Panel zur Infrastruktur- und Projektfinanzierung. Der parlamentarische Staatssekretär Oliver Luksic im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur skizzierte den Bedarf für die kommenden Jahre und wies auf anhaltende Engpässe im Planungsbereich hin. Sandra Rother, Leiterin des Teams Infrastructure Debt Asset Management der MEAG, wies darauf hin, dass es sich bei diesen Herausforderungen eigentlich um „Upside Opportunities“ handele, die nur systematisch angegangen werden müssen. Dass es nicht nur administrative, sondern auch regulatorische Hemmnisse insbesondere mit Blick auf die Fondsregulierung gibt, betonte Frank Dornseifer, Geschäftsführer des Bundesverbands Alternative Investment. Christian Bevc, Global Head of Syndications & Treasury KfW IPEX-Bank, machte deutlich, dass Projektfinanzierung ein „Superinstrument“ zur Mobilisierung privaten Kapitals ist. Es erlaube, die Komplexität in einer Struktur abzubilden, die für viele Finanzmarktteilnehmer interessant ist. Zur Erweiterung der Investorenbasis bei Infrastruktur- und Projektfinanzierungen regen die Panelists die Schaffung granularer Portfolien mittels Syntheten an. Diese erlaube eine datenorientierte statt transaktionsspezifischer Analyse von Investments.
Europäische Energiepolitik und deutscher Industriestandort – wie gut passt das zusammen?
Das Closing Forum griff die Diskussion um Energie und Zukunft der deutschen Industrie erneut auf. In seiner Keynote spricht sich Florian Toncar, parlamentarischer Staatsekretär im Bundesministerium der Finanzen, für eine klar angebotsorientierte Wirtschaftspolitik aus. Grundsätzlich sei der Kapitalmarkt für die Sicherung der zukünftigen Energieversorgung von zentraler Bedeutung, der Verbriefungsmarkt gerade in Phasen, in denen viel investiert werden muss, essenziell. Sebastian Bolay, Bereichsleiter Energie, Umwelt, Industrie bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer, sowie Astrid Hamker, Vorstandsmitglied und Präsidentin des Wirtschaftsrates, appellierten an Politik, alle vier Millionen Unternehmen einschließlich des Handwerks in der Kommunikation mitzunehmen.
Zu tun, gibt es viel. In vielerlei Hinsicht können Verbriefungen einen Beitrag zur Finanzmarktstabilität und zum Wachstum der Realwirtschaft leisten. Nunmehr kommt es darauf an, Politik vom Reden ins Handeln zu bringen.